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7 Fragen an Jens Oliver Meiert zu den GDE und Chrome Dev Summits 2018

Live aus Sunnyvale und San Francisco

Mitte November trug Google mehrere Summits und Konferenzen zu diversen Tech-Themen aus. Unter anderem umfasste dies ein Treffen aller Google „Developers Experts“ auf dem GDE Summit in Sunnyvale, sowie dem Chrome Dev Summit 2018 in San Francisco. Jens (Meiert), der bei sum.cumo an Frontend-Entwicklung und technischer Kommunikation arbeitet, war als ehemaliger Googler und gegenwärtiger GDE auf beiden Veranstaltungen vor Ort. Markus (Siering), der selbst zuletzt von der ColdFront berichtete, stellt ihm ein paar Fragen.

Markus: Was waren die Themen der beiden Konferenzen?

Jens: Beide Summits boten eine große Vielfalt an Themen – der GDE Summit umfasste dabei separate Tracks für die unterschiedlichen GDEs (wobei es gut sein kann, dass mein eigener Bereich, Web Technologies, hier einfach sehr viel breiter aufgestellt war), beim Chrome Dev Summit ging es primär um das Chrome-Ökosystem mitsamt Neuerungen bei und Implementierungen von einigen Web-Standards.

Markus: Was sind deine drei Take-Aways?

Jens: Zum ersten, dass AMP vielleicht nicht ganz so tot ist, wie ich gemeinhin annehme, und selbst wenn, profitieren wir wahrscheinlich von den ganzen Nebenprodukten, wie möglicherweise Web Packaging. Zum zweiten, wir haben mit Entwicklungen wie Feature Policy ein weiteres Beispiel, wie das ganze Feld der Webentwicklung weiter reift. Und zum dritten, mit Ideen wie Portals sehen wir auch nochmal sehr schön, wie stark Google die Weiterentwicklung des Webs antreibt – trotz aller Kritikpunkte, die man sehen kann, möchte ich diese enorme „kreative Kraft“, die wir hier beobachten können, hervorheben.

Markus: Was hat dich am meisten überrascht?

Jens: Ich fand den Kontrast zwischen den beiden Summits interessant; aufgrund der Geographie war klar, dass eine Veranstaltung in Sunnyvale anders wirkt als eine in San Francisco – aber dann umgab den GDE Summit eine sehr familiäre Atmosphäre mit eher oberflächlichen Talks, während der Chrome Dev Summit etwas anonymer und distanzierter daherkam, aber die Vorträge recht tief gingen.

Markus: Hat ein Thema der Konferenzen deine Ansichten zu einem Aspekt der Webentwicklung geändert oder verstärkt? Warum? Welches Thema und welche Ansicht?

Jens: Wenn überhaupt, dann AMP. Dies hat dabei eine interessante Nebengeschichte – zu meiner Google-Zeit wusste ich von Malte (Ubl), hatte mit ihm direkt aber keinen Kontakt; nun bei sum.cumo arbeite ich mit seinem Bruder, Hauke. Im Gespräch nun mit Malte, der sich für AMP verantwortlich zeigt, aber auch mit einigen anderen Googlern, die an AMP arbeiten, hat sich meine Einschätzung leicht verschoben. Ich bin weiterhin nicht vom Lösungsansatz überzeugt und gehe auch noch immer vom mittelfristigen Ende von AMP aus, weiß aber auch darum – etwas, worauf ich früh hingewiesen habe –, dass wir als Außenstehende nicht alle AMP-relevanten Überlegungen kennen. Dazu mag ich, wie oben erwähnt, dass egal in welchem Szenario einige positive Nebeneffekte für das Web als Ganzes abfallen mögen.

Markus: Welchen Talk muss man gesehen haben?

Jens: Ich tue mich schwer, einen einzelnen Talk herauszuziehen – generell waren die meisten Talks auf dem Chrome Dev Summit exzellent und auf hohem Niveau. Welchen Vortrag man sich nicht wieder unbedingt ansehen muss, aber mir hier wieder einfällt, ist der von Surma, der bei seinem Vortrag gravierende technische Probleme hatte, diese aber mit beeindruckender Souveränität umschiffte – mit großartiger spontaner Unterstützung von den Moderatoren, Jake Archibald, Mariko Kosaka und Paul Lewis. Beides sieht man in der Art selten.

Markus: Da das ja Google-Veranstaltungen waren: Welche Trends treibt Google voran? Wo liegt deren Hauptaugenmerk?

Jens: Google, das kenne ich aus meiner Zeit vor Ort, geht es um die Fortentwicklung und Verbesserung des Webs als Ganzem – denn von einem Web, das technisch weiterentwickelt wird und nicht, wie wir es Anfang der 2000er sahen, stagniert, profitieren alle. Und auch wenn man jetzt u.a. AMP als Priorität wahrnehmen will, sehe ich eher, bestätigt durch beide Veranstaltungen, an wie vielen verschiedenen Ecken Google gerade arbeitet – angefangen bei Web-Standards über Tooling und Advocacy bis hin zum Ausbau des gesamten Chrome-Kosmos.

Markus: Anschließend an die vorherige Frage: Was bedeutet das für die Entwicklung des Webs?

Jens: Aus meiner Sicht fast nur Positives, denn wir haben ja alle was davon – mit einem Haken, den ich gerade anderswo thematisch ausarbeite: Mit den vielen dedizierten Mühen um das Web machen wir es zwar besser, aber auch, und das wird jeder im Bereich Webentwicklung über die Jahre an eigenem Leib erlebt haben, unglaublich viel komplexer. Diese Komplexität muss dabei noch nicht mal das Problem sein – meine größte Sorge ist aktuell, dass man sich leicht in all den verschieden technischen Möglichkeiten, aber auch den ganzen messbaren Metriken verliert. Um es kurz zu halten: Nur weil wir können, heißt nicht, dass wir müssen – und nicht alles was gezählt werden kann, zählt.

Markus: Vielen Dank!