Jens Oliver Meiert

Lokalisierung vs. Internationalisierung (W3C)

Originalversion:
https://www.w3.org/­International/questions/qa-i18n
Übersetzer:
Jens Oliver Meiert, meiert.com
Datum der Übersetzung:
21. Februar 2006 (↻ 7. Februar 2007)

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Lokalisierung vs. Internationalisierung

Frage

Was bedeuten die Begriffe »Internationalisierung« und »Lokalisierung«, und in welcher Beziehung stehen sie zueinander?

Antwort

Jeder hat seine eigenen bevorzugten Definitionen für diese Begriffe. Wir bieten hier einige allgemeine Beschreibungen davon, wie wir diese Begriffe auf der W3C-Internationalisierungsseite verwenden.

Lokalisierung

Lokalisierung bezieht sich auf die Angleichung eines Produkts, einer Anwendung oder eines Dokuments, um der Sprache, den kulturellen oder anderen Anforderungen eines bestimmten Zielmarktes (ein lokaler »Schauplatz«) zu entsprechen.

Lokalisierung wird manchmal als »l10n« geschrieben, wobei »10« der Zahl der Buchstaben zwischen »l« und »n« im englischen Wort »localization« entspricht.

Auch wenn sie oftmals nur als Synonym für die Übersetzung von Benutzeroberflächen und Dokumentation angesehen wird, ist Lokalisierung häufig eine wesentlich komplexere Angelegenheit. Sie kann Anpassungen in Bezug auf die folgenden Punkte mit sich bringen:

  1. numerische, Datums- und Zeitformate,
  2. Währungsangaben,
  3. Tastaturgebrauch,
  4. Vergleiche und Sortierung,
  5. Symbole, Zeichen und Farben,
  6. Texte und Graphiken, die Verweise auf Objekte, Aktionen oder Konzepte beinhalten, die in einem bestimmten Kulturkreis anders interpretiert oder als unsensibel verstanden werden können,
  7. abweichende gesetzliche Bestimmungen,
  8. und viele weitere Dinge.

Lokalisierung kann es sogar notwendig machen, Logik und visuelles Design und Darstellung umfassend zu überdenken, wenn die Art des Geschäfts (zum Beispiel Rechnungswesen) oder das jeweils übliche Lernparadigma (zum Beispiel Fokus auf Individuen oder Gruppen) in einem gegebenen Kulturkreis wesentlich von dem der Ursprungskultur abweichen.

Internationalisierung

Die Definitionen von Internationalisierung unterscheiden sich. Die vorliegende ist eine Arbeitsdefinition zur Verwendung mit Materialien der W3C-Internationalisierungstätigkeit. Einige Leute gebrauchen andere Begriffe wie zum Beispiel »Globalisierung«, um sich auf dasselbe Konzept zu beziehen.

Internationalisierung entspricht dem Design und der Entwicklung eines Produkts, einer Anwendung oder eines Dokuments, so dass es leichte Lokalisierung für Zielgruppen, die in Kultur, Region oder Sprache variieren, ermöglicht.

Internationalisierung wird oft als »i18n« geschrieben, wobei »18« der Zahl der Buchstaben zwischen »i« und »n« im englischen Wort »internationalization« entspricht.

Internationalisierung erfordert typischerweise:

  1. Auf eine Art und Weise zu designen und entwickeln, die Barrieren für Lokalisierung oder internationalen Einsatz beseitigt. Dies umfasst solche Dinge wie die Ermöglichung des Gebrauchs von Unicode oder gegebenenfalls das Sicherstellen der korrekten Handhabung von alten Zeichenkodierungen, Aufmerksamkeit bei der Verkettung von Zeichenfolgen, das Vermeiden von Abhängigkeiten im Code von Zeichenkettenwerten in Benutzeroberflächen und so weiter.
  2. Unterstützung für Funktionen zu bieten, die bis zur Lokalisierung nicht verwendet werden dürfen. Dies betrifft zum Beispiel das Hinzufügen von Markup in Ihrer DTD, um bidirektionalen Text zu unterstützen oder um Sprachen zu identifizieren. Oder auch, um CSS durch die Unterstützung von vertikalem Text oder andere typographische und nicht-lateinische Merkmale zu ergänzen.
  3. Code so zu gestalten, dass er lokal, regional, sprachlich oder kulturell in Beziehung stehende Präferenzen unterstützt. Dies bedeutet für gewöhnlich, vordefinierte Lokalisierungsdaten und -merkmale einzubeziehen, die existierenden Programmbibliotheken oder Nutzereinstellungen entstammen. Beispiele hierfür sind Daten- und Zeitformate, örtliche Kalender, Zahlenformate und numerische Systeme, Sortierung und Darstellung von Listen, Handhabung von persönlichen Namen und Adressformen und so weiter.
  4. Lokalisierbare Elemente aus Quelltext oder Inhalt zu trennen, so dass lokalisierte Alternativen auf Basis der internationalen Einstellungen des Benutzers wie gerade erforderlich geladen oder ausgewählt werden können.

Beachten Sie, dass diese Punkte nicht unbedingt die Lokalisierung des Inhalts, der Anwendung oder des Produkts in einer anderen Sprache einbeziehen; sie entsprechen Design- und Entwicklungspraktiken, die einer solchen Migration ermöglichen, leicht und zukünftig zu geschehen, und die hingegen signifikanten Nutzen mit sich bringen können, selbst wenn keine Lokalisierung stattfindet.

Der Wert von Internationalisierung

Internationalisierung berührt signifikant die Leichtigkeit der Lokalisierung eines Produkts. Es ist wesentlich schwieriger und zeitaufwendiger, eine sprachlich und kulturell zentrierte Leistung für den globalen Markt nachzurüsten, als eine Leistung mit der Absicht zu entwerfen, sie global anzubieten. (Denken Sie an die Y2K-Anstrengungen und den Versuch zurück, zweistellige Jahresfelder, die auf der Annahme von »19xx« entstanden, »rückgängig« zu machen.)

Somit findet Internationalisierung idealerweise eher als grundlegender Schritt im Design- und Entwicklungsprozess statt, denn als nachträglicher Einfall, der oft unangenehme und teure Umarbeitung nach sich zieht.

Autor: Richard Ishida (W3C), Susan K. Miller (Boeing). Übersetzer: Jens Oliver Meiert.