Die Kunst des Regenmachens (Guy Kawasaki)

Übersetzung eines Artikels von Guy Kawasaki vom 3. Mai 2006. Schwerpunkt: (RSS-Feed für alle Themen).

Ich werde dafür starken Beschuss geraten, aber da ich dies aus meinen Tagen bei Apple gewohnt bin, sage ich es trotzdem: Umsatz richtet alles.

Solange Sie Absatz haben, fließt das Geld, und solange das Geld fließt, haben Sie a) Zeit, Ihr Team, Ihre Technologie und Ihr Marketing in Ordnung zu bringen, b) wird die Presse nicht viel sagen können, weil Kunden Geld in Ihre Koffer kippen, und werden c) Ihre Investoren Sie in Ruhe lassen, weil sie i) sich auf Firmen mit schwächerem Umsatz konzentrieren und ii) Ihren Erfolg nicht kaputt machen wollen.

Wenn Sie wollen, können Sie all den Rauch um Markenbekanntheit, Firmenansehen und »Early Adopters« wegpusten, aber entweder sorgen Sie für Regen oder nicht. Um Ihnen zu helfen, eine Legende in den Annalen der Verkaufskunst zu werden, folgt hier die Kunst des Regenmachens (Anmerkung des Übersetzers: des Geldverdienens und Geldmachens).

Inhalt

  1. »Lass hundert Blumen blühen«
  2. Sehen Sie den Gorilla
  3. »Verkaufen Sie«, und nicht »machen Sie Kaufen möglich«
  4. Finden Sie die Haupteinflusspersonen
  5. Laufen Sie »Agnostikern« nach, nicht »Atheisten«
  6. Bringen Sie potentielle Neukunden zum Reden
  7. Ermöglichen Sie Testfahrten
  8. Sorgen Sie für einen sicheren, leichten ersten Schritt

»Lass hundert Blumen blühen«

Ich habe das vom Vorsitzenden Mao gestohlen, obwohl ich nicht sicher bin, wie er es umgesetzt hat. Im Zusammenhang mit Kapitalismus (der Vorsitzende Mao muss sich im Grabe umdrehen) bedeutet diese Aussage, dass Sie Saatgut in viele Märkte säen, schauen, was Wurzeln schlägt, und ernten, was blüht. Viele Firmen flippen aus, wenn ungewollte Kunden ihre Produkte kaufen. Viele Firmen flippen ebenso aus, wenn gewollte Kunden ihre Produkte kaufen, aber auf unbeabsichtigte Art verwenden. Seien Sie nicht stolz. Nehmen Sie das Geld. Der Kerl, der Brillo erfand, verkaufte Töpfe und Pfannen; dann fiel ihm die kluge Idee ein, Seife in Stahlwolle-Pads zu verarbeiten, als Schnickschnack für seine Kunden. Zu seiner Überraschung waren seine Kunden mehr an diesen Pads interessiert als an seinen Töpfen und Pfannen, und so war Brillo geboren.

Sehen Sie den Gorilla

Sie werden es nicht glauben, aber Daniel J. Simons von der Universität von Illinois und Christopher E. Chabris von der Harvard-Universität haben ein Experiment durchgeführt, in dem sie Studenten baten, zwei Teams zu beobachten, deren Spieler Basketbälle warfen. Die Studenten sollten zählen, wie oft ein Team den Ball zu den eigenen Teammitgliedern warf. Im Video betrat nach 35 Sekunden ein als Gorilla verkleideter Schauspieler den Raum, trommelte auf der Brust, und blieb für weitere neun Sekunden im Raum. 50 Prozent der Studenten haben den Gorilla nicht bemerkt! Wenn Sie es regnen lassen wollen, müssen Sie sozusagen die »Gorilla-Märkte im Nebel« sehen. Vor Jahrzehnten war Univac führend bei Computern, aber das Unternehmen glaubte, dass der Markt für Computer Wissenschaftlern gehörte; es sah nicht, dass der Gorilla-Markt für Computer Geschäftsleute waren. Das ist der Grund, warum jeder weiß, was IBM ist, und sich nur wenige Menschen an Univac erinnern.

»Verkaufen Sie«, und nicht »machen Sie Kaufen möglich«

Marty Gruber, mein alter Chef im Juwelierhandel, verwies gerne darauf, dass »jeder der VP des Marketing sein will«. Wahrere Worte wurden nie gesprochen – jeder will der Marketing-VP sein und das coole Zeug wie Werbung und Reklame machen. Das ist okay, wenn Ihr Produkt bereits gekauft wird. Die Produkte der meisten Organisationen werden jedoch verkauft. Zurzeit wird ein iPod beispielsweise gekauft: Die Leute laufen in den Apple-Laden mit der Absicht, ihn zu kaufen. Im Gegensatz dazu und zu meiner fortlaufenden Enttäuschung wird ein Macintosh immer noch verkauft: Der fleißige Apple-Angestellte muss die Leute davon überzeugen, dass ein Macintosh schnell, sicher und leicht zu bedienen ist und die Software besitzt, die sie benötigen. Damit der Verkauf läuft, brauchen Sie persönlichen, personalisierten und intensiven Kontakt. Werbung kann das nicht leisten, und somit sind für die meisten Unternehmen die besten Methoden zur Umsatzgenerierung Seminare, Präsentationen durch Firmenführungskräfte und das Umgarnen von Menschen. Mit ein bisschen Glück und Hartnäckigkeit wachen Sie vielleicht eines Tages auf und stellen fest, dass Sie nicht länger verkaufen müssen, weil Ihr Produkt gekauft wird – mazel tov!

Finden Sie die Haupteinflusspersonen

Je höher man in den meisten Organisationen steigt, desto dünner wird die Luft. Je dünner die Luft wird, desto schwieriger wird es, intelligentes Leben zu finden. Aus diesem Grund kann es sein, dass Sie, wenn Sie sich in Ihren Bemühungen, Regen zu machen, auf CXO-Leute konzentrieren, mit den dümmsten Leuten in der Organisation zu tun haben. Die größten Titel haben nicht die größten Gehirne, laufen Sie deshalb nicht den größten Titeln hinterher. Verfolgen Sie statt dessen die Personen mit dem größten Einfluss. Diese besitzen bescheidenere Titel wie »Sekretär/in«, »Verwaltungshelfer/in«, »Datenbankadministrator/in« oder »Kundendienst-Manager/in«. Sie erledigen für gewöhnlich die eigentliche Arbeit, und somit wissen sie, welche Produkte und Dienste benötigt werden, und die CXOs bitten sie um ihre Empfehlungen. Die logische Frage ist nun: Wie finden Sie die Haupteinflusspersonen? Die Antwort lautet, Menschen in der Firma zu bitten, die folgende, einfache Frage zu beantworten: »Zu wem geht man, wenn es Probleme gibt?«

Laufen Sie »Agnostikern« nach, nicht »Atheisten«

Ah, der Referenzkunde: Groß, reich und renommiert. Er ist die hochhängende Frucht, von der jeder Regenmacher träumt, sie aufzulesen, da das Abschließen dieses Verkaufs der Organisation Glaubwürdigkeit verleiht und jeden Verkauf danach leichter macht. Jahrelang habe ich versucht, Lotus Development und Ashton-Tate – Referenzkunden für PC-Software – dafür zu gewinnen, Macintosh-Produkte zu entwickeln. Sie haben es niemals verstanden, und ich habe eine Menge Zeit vergeudet. Referenzkunden sind schon per Definition erfolgreich, und möglicherweise deswegen fett, dumm und glücklich. Es ist am unwahrscheinlichsten, dass sie etwas Neues und Andersartiges ausprobieren. Sicher, geben Sie Ihr Bestes – einmal. Aber begrenzen Sie dann Ihre Verluste und ziehen Sie zu den »Agnostikern« weiter. Mitte der Achtziger verleugneten die Atheisten die »Macintosh-Religion«, und sie weigerten sich, auf den Mac umzurüsten. Die Agnostiker – Leute, die niemals zuvor einen PC verwendet hatten – stellten den reichen und fruchtbaren Markt für Apple dar.

Bringen Sie potentielle Neukunden zum Reden

Wenn potentielle Kunden bereit sind, Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung zu erwerben, werden sie Ihnen normalerweise erzählen, was dafür notwendig ist. Alles, was Sie tun müssen, ist a) Fragen zu stellen, um sie dazu zu bekommen, über ihre Bedürfnisse zu reden, b) die Klappe halten, c) zuhören und dann d) erklären, warum Ihr Produkt oder Dienst ihre Bedürfnisse erfüllt (wenn dies tatsächlich der Fall ist). Die meisten Verkaufsleute können das nicht, weil sie a) nicht darauf vorbereitet sind, gute Fragen zu stellen, b) zu blöd sind, den Mund zu halten, und c) ihr Produkt nicht gut genug kennen, um zu wissen, ob es diese Nachfrage in der Tat erfüllen kann. Wenn es ums Regenmachen geht, gibt es eindeutig einen Grund, warum Gott uns zwei Ohren, aber nur einen Mund gab.

Ermöglichen Sie Testfahrten

Ich glaube, dass Menschen von Natur aus intelligent sind. Wenn Sie sie mit den richtigen Informationen versorgen, sind sie die besten Sachverständigen für die Tauglichkeit Ihres Produkts oder Ihrer Dienstleistung. Ich glaube nicht, dass Sie Leute so bearbeiten sollten – oder können –, dass sie Kunden werden. Meine Empfehlung lautet, den Leuten zu ermöglichen, Ihre Produkte »probezufahren«, um ihre eigene Entscheidung zu treffen. Im Wesentlichen sagen Sie damit: »Ich denke, dass Sie intelligent sind. Weil ich denke, dass Sie intelligent sind, werde ich Ihnen ermöglichen, mein Produkt auszuprobieren, um zu sehen, ob es was für Sie ist. Ich hoffe, dass es das ist und dass wir ins Geschäft kommen.« Tun Sie deshalb alles Erdenkliche, um den Leuten möglich zu machen, eine Testversion Ihrer Software herunterzuladen, Ihre Website zu verwenden, Ihr Auto zu fahren, in Ihrem Restaurant zu essen, oder Ihrem Gottesdienst beizuwohnen.

Sorgen Sie für einen sicheren, leichten ersten Schritt

Unglücklicherweise machen es »erfolglose Regenmacher« (ein Oxymoron?) Kaufinteressenten schwer, ihre Produkte oder Dienste einzuführen. Ich habe mich dessen selbst schuldig gemacht – zum Beispiel, als ich »Fortune 500«-Firmen dazu brachte, all ihre MS-DOS-Maschinen zugunsten einer neuen IT-Infrastruktur auf Basis von Macintosh rauszuschmeißen. Was soll ich sagen? Ich war jung. Das Ziel ist, die Einführung Ihres Produkts oder Dienstleistung so sicher und einfach wie möglich zu machen. Wenn Sie diese stressfreie Methode mit einem unwiderstehlichen Produkt kombinieren, haben Sie es geschafft. Wenn Ihre potentiellen Kunden über Hindernisse springen müssen, um Ihr Produkt zu gebrauchen, dann müssen Sie sie überzeugen, dass es diese Mühen wert ist. Dies ist auch der Grund, warum es so viel leichter ist, Blogger zu sein, als Unternehmer.